Schafrassen und ihre Fasern
Ich habe aus einigen Fasern Spinn- und Strickproben hergestellt und möchte diese gerne hier vorstellen. Meine Liste erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, wird aber nach Möglichkeit immer wieder ergänzt. Aus Gründen der Nachhaltigkeit werden nur europäische Schafrassen in diese Liste aufgenommen. Damit ist auch Mulesing kein Thema.
Hier kannst du direkt zu den einzelnen Artikeln springen:

Bluefaced Leicester
(Sprich: „Lester“) Stelle dir ein schlankes, hochbeiniges Schaf mit schmalem Kopf und stehenden Ohren vor, das auf den ersten Blick nicht nach „typisch Schaf“ aussieht. Es stammt aus Großbritannien.
Die Fasern gibt es in weiß, oatmeal (wie dunkle Haferflocken) und braun. Sie sind lang, leicht glänzend und weich.
Die Wolle ist sehr gut spinnbar, auch fein. Sie ist robust, aber überhaupt nicht kratzig. Ich finde sie toll, schon auch wegen der Farbe!
Coburger Fuchs
Anders als der Name vermuten lässt, handelt es sich um ein Schaf, nämlich ein helles mit rötlich-braunem Kopf und ebensolchen Beinen. die Lämmchen sind rotbraun. Diese deutsche Rasse war fast ausgestorben, wird nun aber wieder vermehrt gezüchtet.
Die Fasern sind mischwollig, also mit Stichelhaaren, und haben einen schönen, leicht rötlichen Farbton. Die Weichheit hängt davon ab, wie viele Stichelhaare ausgekämmt wurden
Die Fasern sind in verschiedenen Garnstärken gut und leicht spinnbar, auch im langen Auszug. Ich möchte die Fasern eher nicht auf der Haut tragen, aber meine Strickjacke aus dieser Wolle liebe ich sehr!


Gotlandschaf
Das Gotlandschaf ist ein graues Schaf mit Kopf und Beinen in Schwarz, es ist eine schwedische Rasse.
Die Rasse liefert verschiedene Grautöne in glatten, leicht glänzenden Fasern, die irgendwie „schwer“ wirken, da sie sehr dicht sind.
Hier habe ich zwei Spinnproben gemacht: eine im kurzen Auszug mit viel Drall, eine im langen Auszug mit wenig Drall. Die Proben fühlen sich sehr unterschiedlich an. Beide haben eine Interessante Struktur und die Probe mit dem langen Auszug ist erstaunlich weich.
Herdwick
Herdwickschafe haben einen kurzen, breiten Kopf mit kleinen, waagerecht abstehenden Ohren. Die Rasse stammt aus dem englischen Lake District.
Dies ist wohl die gröbste Wolle in der Sammlung. Sie hat viele Stichelhaare und ist daher eher für grobe Projekte zu verwenden, aber sie hat eine tolle Struktur. Hell- und dunkelgrau unterscheiden sich kaum, beide Töne sind leicht bräunlich.
Auch diese Fasern sind sehr gut zu spinnen, ich würde sie aber eher nicht für Kleidung verwenden, daher habe ich sie eher dick versponnen. Ich habe gelesen, dass sich die Wolle sehr gut zum Filzen eignet!


Islandschaf
Das Islandschaf ist mischwollig und in vielen Farben zu haben.
Die Weichheit der Fasern hängt davon ab, ob das Deckhaar ausgekämmt wurde oder nicht. Die Unterwolle ist relativ weich und eignet sich für Pullover und ähnliches.
Meine mitteldicke Spinnprobe ergibt ein angenehmes, robustes Garn mit schöner Struktur und Farbe. Auf der Haut möchte ich es eher nicht direkt haben, aber über einem Shirt ist es kein Problem.
Jakobschaf
Das Jakobschaf ist gefleckt, daher auch der Name, denn laut Bibel durfte sich Jakob zur Belohnung alle gefleckten Schafe einer Herde aussuchen und sie behalten. Die Fasern stammen aus England.
Die Fasern haben eine sehr schöne, leicht melierte Farbe, sie sind eher braun als grau. Trotz vereinzelter Stichelhaare sind sie relativ weich.
Die Fasern sind sehr gut spinnbar und ergeben einen feinen, gleichmäßigen Faden. Aus dieser Wolle soll auf jeden Fall noch ein Projekt entstehen, schon allein wegen der schönen Farbe. Ich denke da an etwas im Trachtenstil. Es gibt auch einen Kammzug, bei dem die Einzelfarben stärker erkennbar sind. Toll!


Lincoln
Die aus England (Lincolnshire) stammenden Lincolnschafe sehen aus wie Wolleständer mit Kopf, das heißt, sie haben extrem lange Fasern. Diese sind eher gröber und recht dicht.
Wegen der Faserlänge würde ich diese Wolle eher im kurzen Auszug spinnen, sie ist auch fein spinnbar. Das Ergebnis ist ein gleichmäßiges, eher dichtes Garn. Mir gefällt die Struktur. Allerdings hätte ich für die Strickprobe eine etwas feinere Nadel nehmen sollen...
Manx Loaghtan
Das spricht man so ungefähr „Mänks Lochten“ und die Rasse stammt von der Isle of Man. Die Rasse hat relativ lange, gebogene, spitze Hörner und einen schönen hellbraunen oder auch naturweißen Farbton.
Die Fasern sind relativ kurz und mittelfein, eher matt. Schöne Farbe! (Etwas wärmer und haselnussiger als auf dem Foto)
Die Wolle ist gut spinnbar und macht einen robusten, aber nicht kratzigen Eindruck. Das Garn hat wenig abstehende Fasern, und ist, wie gesagt, recht dicht. Und wie gesagt: interessante Farbe!


Masham
Das Masham-Schaf stammt aus Nordengland. Die Schafe haben einen ziemlich kleinen Kopf und lange, leicht glänzende Locken.
Obwohl die Faser aus dem Schnupperpaket für grobe Wolle stammt, fühlt sie sich recht weich an. Die Fasern sind lang, glatt und reißfest. Masham-Wolle gibt es auch in grau.
Die Fasern sind gut spinnbar, das Garn ist flauschig, aber nicht kuschelweich. Der entstandene Faden ist etwas drallempfindlich und verdreht sich nach dem Zwirnen leicht. Ein Entspannungsbad hilft!
Merino
Man sieht: Merino ist nicht gleich Merino und das sprichwörtliche schwarze Schaf ist eigentlich braun. Die feine Merino stammt aus Spanien, die braune ebenfalls und die Wolle vom Merino-Landschaf aus Deutschland.
Die feine Merino-Faser ist wirklich sehr schön weich, die braune ist etwas gröber und die Faser vom Landschaf möchte man dann schon nicht mehr auf der Haut tragen. Sie fällt auch etwas gelblicher aus.
Sehr anfängertaugliche, leicht spinnbare Wolle, aber auch ein bisschen langweilig, ehrlich gesagt. Unterschiedliche Garnstärken und Spinntechniken sind möglich.


Rambouillet
Das Rambouillet ist eigentlich eine Merino-Rasse, aber eben eine französische.
Es handelt sich um eine typische, weiche Merinofaser.
Da sich die Faser sehr gut fein ausspinnen lässt, habe ich mich hier zum ersten Mal an einem Cablé-Garn versucht. Das Ergebnis ist sehr dicht und glatt, fühlt sich fast wie Baumwolle an. Cablé geht so: zwei sehr dünne Fäden mit reichlich Drall spinnen, mit reichlich Drall verzwirnen, dann zwei gezwirnte Fäden nochmals in Spinnrichtung miteinander verzwirnen. Es entsteht also ein Vierfach-Zwirn. Es ist sehr aufwändig, da man praktisch sieben Arbeitsschritte hat, aber das Ergebnis ist toll.
Romney
Das Romney ist ein robustes Schaf aus Südost-England. Seine Wolle ist naturweiß.
Es hat lange, leicht glänzende, mittelweiche Fasern.
Diese sind leicht zu spinnen, auch für ein feines Garn.


Shetlandwolle
Shetlandwolle gibt es in vielen verschiedenen Naturfarben. Vermutlich ist die Rasse sehr alt und stammt aus der Wikingerzeit.
Die Fasern sind farblich interessant, nicht direkt weich, aber auch nicht kratzig. Sie sind strapazierfähig und haben einen leichten Glanz.
Hier habe ich mich im Feinspinnen geübt, das klappt mit dieser Wolle super! Ich mag sie sehr gerne. Das aus dieser Wolle gestrickte Tuch ist fast täglich in Gebrauch.
Steinschaf
Das Steinschaf ist eine sehr alte heimische Schafrasse. Es gibt zwei Varianten: Das alpine und das Krainer Steinschaf, letzteres stammt aus Slowenien. Beide sind mischwollig und haben unterschiedliche Farben.
Steinschafe haben relativ lange, eher nicht so feine Fasern. Sie sind schön meliert und robust.
Die Wolle ist gut spinnbar, allerdings eher nicht zu fein und eher als Streichgarn, damit das Ergebnis nicht drahtig wird.


Suffolk
Bei dieser Schafrasse bin ich etwas irritiert, denn sie liefert laut meiner Literatur nur naturweiße Wolle, meine Probe hat aber ein helles Graubraun. Auf den Fotos haben die erwachsenen Schafe schwarze Köpfe und Beine, der Rest ist, wie gesagt, wollweiß. Die Fasern stammen aus England.
Die Fasern sind mischwollig mit hellen Stichelhaaren und eher grob. Aber die Farbe finde ich toll!
Lässt sich gut und gleichmäßig spinnen. Bei Verarbeitung zu Streichgarn ist die Wolle für robustere Kleidungsstücke geeignet.
Swaledale
Swaledale ist ein Tal in Yorkshire, dorther stammen die Schafe also. Sie sehen sehr markant aus mit ihren gebogenen Hörnern und dem schwarzen Kopf mit weißer Nase und weißen „Augenringen“.
Swaledales liefern eine interessante hellgraue, leicht melierte Farbe mit hellen und dunklen Stichelhaaren. Weich und kuschlig geht anders, aber die Struktur ist toll!
Die Wolle eignet sich gut für robuste, wetterbeständige Kleidung und lässt sich gut spinnen.


Texel
Das Texel ist eine niederländische Schafrasse und stammt – man ahnt es – von der Insel Texel. Sie liefert gutes Fleisch, aber auch interessante Wolle in Naturweiß.
Die Fasern sind mittelfein und mittellang, der Naturfarbton ist, jedenfalls bei meiner Probe, etwas gelblicher als bei anderen Rassen.
Die Wolle hat keine Stichelhaare und ist angenehm zu spinnen. Ich denke, sie ist gut für Pullover oder ähnliches geeignet.
Welsh
Die Schafe stammen aus Wales, daher der Name. Es gibt zwei Varianten, eine davon hat schwarze Nasen und schwarze Flecken an den Augen, die andere nicht. Außer diesen beiden naturfarbenen Varianten gibt es die Schafe aber wohl auch in Schwarz (zumindest als Jungtiere).
Wieder eine der Fasern mit reichlich Stichelhaaren, also nicht gerade zum Auf-der-Haut-Tragen geeignet.
Gut spinnbare Fasern, für robuste Überkleidung oder Wohnaccessoires geeignet.


Wensleydale
Wensleydales stammen aus England und haben sehr lange, wunderschöne Locken. Diese können zu schönen, lockigen Filzfellen verarbeitet werden. Die Farbschläge sind Ecru, Silberweiß, Grau und Schwarz.
Durch die Aufbereitung meiner Faserprobe als Kammzug sind die Locken verschwunden, die Fasern sind eher glatt und glänzend und wegen ihrer Länge sehr reißfest. Ich würde sie als mittelweich bezeichnen, also durchaus geeignet für Kleidung.
Die Spinnprobe ist recht fein ausgefallen, ohne dass das Garn sich drahtig anfühlt. Das ist durch die langen Fasern möglich. Das Garn ist dicht und glänzend mit einem leichten Flausch. Beim Spinnen muss man aber schon ein bisschen aufpassen, dass sich die langen Fasern nicht verklumpen. Deshalb beim Ausziehen der Fasern den Faservorrat weit genug hinten festhalten!
Zwartbles
(Den Schreibfehler auf dem Etikett habe ich leider zu spät entdeckt.)
Das Zwartbles ist wohl das dunkelste Schaf in meiner Sammlung. Die Schafe haben eine weiße Blesse, daher der Name. Und dieser verrät es schon: Es handelt sich um eine niederländische Rasse.
Die Faser enthält kaum Stichelhaare, ist mittelfein und farblich natürlich interessant wegen des schokoladenbraunen Naturtones.
Zwartbles-Wolle ist gut spinnbar und für Kleidung geeignet.

Mein Fazit:
Ob man eine Wolle als kratzig empfindet oder nicht, scheint sehr subjektiv zu sein. Ich selbst bin da eher unempfindlich, es kann also sein, dass manch einer meine Einschätzung zur Verwendbarkeit der Fasern nicht teilt. Ausprobieren hilft!
Auf jeden Fall fand ich die Fasern aus dem Schnupperpaket für grobe Fasern sehr interessant, auch wenn ich die meisten davon nicht auf der Haut tragen möchte. Aber vor meinem geistigen Auge entstehen aus diesen Fasern wunderschöne Projekte wie Taschen, Teppiche, Umhänge, Sitzkissen und ähnliches. Ich liebe die Struktur und den Charakter dieser Fasern sehr! Außerdem sind sie alle sehr leicht und unkompliziert spinnbar. Ich empfehle die Verarbeitung zu einem eher dickeren Streichgarn. So lässt sich an Weichheit das Optimum herausholen.
Außerdem gibt es etliche Fasern im mittelweichen Bereich, die ich unbedingt noch zu Kleidungsstücken verarbeiten möchte. Die fallen dann vermutlich in die Kategorie „unverwüstlich“, was ja genau das ist, was ich haben möchte, wenn es nachhaltig sein soll. Diese Fasern sind ideal für Trachtenmode, Strickjacken, Stulpen und ähnliches.
Trotzdem muss ich zugeben: Die Proben aus den Edelfasern (sie werden im Kapitel „andere tierische Fasern“ vorgestellt) und der feinen Merinowolle sind natürlich schon allererste Sahne und es gibt auch Projekte, bei denen ich mir keine andere Faser vorstellen kann, z.B. Unterhemden. Aber meiner Meinung nach muss das, was nicht direkt auf der Haut getragen wird, nicht immer kuschelweich sein. Stattdessen gibt es jede Menge mehr Lebensdauer! Da die Edelfasern teilweise auch sehr teuer sind, wäre für mich ein guter Kompromiss, sie mit anderen Fasern zu mischen. So ließe sich mehr Weichheit mit mehr Haltbarkeit kombinieren und das Feld der Möglichkeiten wäre riesig!